Behörden im Wandel: vom Service-Modell zum Engagement Delivery-Modell?

Wir wollen, dass sich die Verwaltung an den Bedürfnissen der Bürger orientiert“, schreiben die Verantwortlichen des Bayerischen Staatsministerium des Innernfür Bau und Verkehr auf ihrem „Bayernportal“. Der Freistaat Bayern und Kommunen haben vereinbart, über die eigens eingerichtete BayernID als zentrale Identifizierungs-Komponente einen zentralen Account zu betreiben. Damit können die Verwaltungsdienstleistungen aller angeschlossenen Kommunen und des Freistaats über einen Account genutzt werden. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können Verwaltungsdienstleistungen ohne Medienbrüche online abwickeln, sowohl Behörden- als auch Verwaltungsebenen-übergreifend: also tatsächlich Omni-Channel. Dies ist ein guter Weg, den immer mehr deutsche Behörden eingeschlagen haben. Wie aber kann man diese Dienstleistungen noch effizienter, direkter und personalisierter zur Verfügung stellen? Lesen Sie weiter!

Es wurde schon viel über bürgernahe Behörden und die Rolle der Personalisierung bei der Erbringung von Dienstleistungen geschrieben. Fast alle sind sich darüber einig, dass eine grundlegende Änderung des Modells der Dienstleistungsbereitstellung für Behörden notwendig ist: von der Erbringung von Dienstleistungen für die BürgerInnen bis hin zu ihrer Einbindung in die Schaffung und Nutzung dieser Dienstleistungen. Aber: Sind die Behörden oder die Bürger schon bereit für diesen Schritt? Wie wichtig ist die Omni-Channel-Kommunikation zwischen Behörden und Bürgern?

Eines ist sicher: Die Dinge müssen sich ändern. Einerseits haben wir Behörden, die große, monolithische Dienste entwerfen und bereitstellen, die in Silos arbeiten und daher schwerlich einen umfassenden Überblick über ihre Bürger gewinnen können. Andererseits haben wir Bürger uns zunehmend daran gewöhnt, dass Dienstleistungen und Erfahrungen genau auf uns persönlich zugeschnitten werden. Es besteht also eine zunehmende Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Bürger und den Möglichkeiten, entsprechende Dienstleistungen zu erbringen.

Omni-Channel für mehr Bürgerengagement

Wie in einem früheren Blog (in Englisch) bereits erwähnt wurde, gab es zwar Fortschritte bei der Personalisierung, aber das zugrundeliegende Bereitstellungsmodell hat sich kaum verändert. Es obliegt weiterhin dem Bürger selbst, die entsprechenden Dienste zu finden und zu nutzen. Aber: Weiß der Bürger, welche Behörde zuständig ist, wie der Prozess abläuft und welche Formulare auszufüllen sind?

Bob Sanders, General Manager des Arkansas Information Consortium, erklärte vor kurzem einem NIC-Webinar (in Englisch): „Die Last liegt noch auf dem Bürger, die entsprechenden Services der Behörden zu finden und zu nutzen. Die Zukunft wird bürgernaher ausgerichtet sein und neue Technologien nutzen, um die Komplexität zu verringern (in Englisch) und Dienste zu konsolidieren. Es geht darum, die Behörde zum Bürger zu bringen, anstatt dass der Bürger nach der Behörde suchen muss.“ Und dies sollte auf allen Kanälen stattfinden, nämlich Omni-Channel.

Um bürgerschaftliches Engagement zu erreichen, wollen wir eine möglichst große Beteiligung an jedem Punkt des Dienstleistungsprozesses erleichtern und fördern: von der ersten Planung bis hin zur endgültigen Ausmusterung und Ablösung der alten Systeme. Dr. Moataz Binali, Regional Strategic Director bei SAP, sagt: „Eine gut geplante digitale Behördenumgebung bietet größere Möglichkeiten für den Aufbau von partnerschaftlichen und partizipativen Beziehungen zwischen allen relevanten Interessengruppen“. (in Englisch)

Personalisierte Dienste für Jedermann?

Besteht nicht die Gefahr, dass wir erstaunliche personalisierte Dienste in erster Linie für Diejenigen erschaffen, die bereits gerne mit uns interagieren? Es gab bereits viele Artikel über die Erwartungen der Millennials und darüber, dass Behörden vergleichbare Erfahrungen wie private Unternehmen liefern müssen.

Ein typisches Beispiel ist das neue Unternehmen, das versucht, sich zu gründen und Hilfe mit Formularen und einer Genehmigung benötigt.

Das ist zwar alles richtig, aber man übersieht leicht eine sehr wichtige Tatsache: Die Mehrzahl der staatlichen Dienste ist darauf ausgerichtet, den Schwächsten in der Gesellschaft zu helfen. Aber gerade diese Menschen sind wahrscheinlich am wenigsten befähigt oder bereit dazu, sich zu engagieren. Viele Bürger wissen einfach nicht, wie sie sich richtig einsetzen sollen, worauf sie Anspruch haben oder wie sie Leistungen erhalten.

Wenn wir zu einer personalisierten, bürgerorientierten Behörde werden wollen, müssen wir diese Personengruppe aus zwei Gründen in den Mittelpunkt der Aktivitäten rücken: Erstens werden wir nicht alle angestrebten Prozesseffizienzen und Kostenverbesserungen erreichen, wenn eine große Gruppe von Menschen weiterhin zögert, sich einzubringen. Zweitens: egal, wie viele Daten wir sammeln und wie gut wir individuelle Dienstleistungen erstellen können, am Ende wird das Programm vermutlich wegen Ineffektivität eingestellt. Ein Kommentator schlug vor, dass die Herausforderung für die Personalisierung in den Behörden darin bestehe, „vorherzusehen, was die Bürger wollen, bevor sie es wollen“. (in Englisch)

Eine Omni-Channel-Plattform für Teilhabe

Auch wenn nicht alles durch Technologie gelöst werden kann, geht es auch darum, wie Behörden Prozesse umgestalten und neue Wege zur Zusammenarbeit mit allen Beteiligten finden. Die Schaffung einer zentralen digitalen Plattform kann eine Grundlage für die Bereitstellung personalisierter Dienste für alle bieten, die sie benötigen/wollen. Hier einige Komponenten vor, die für diese Plattform benötigt werden:

Getrieben durch Erkenntnisse

Die meisten Behörden haben riesige Mengen an Informationen über ihre Bürger. Diese sind eingeschlossen in Silos der einzelnen Behörden und Fachbereiche. Hinzu kommen Informationen, die über den Kontakt mit dem Call Center oder den Mitarbeitern in den Beratungsstellen gesammelt wurden, plus das Engagement in Social Media-Kanälen. Erweiterte Analysen ermöglichen es, all diese strukturierten und unstrukturierten Daten zu durchforsten, aussagekräftige Einblicke zu gewinnen und die Serviceanforderungen vorherzusagen. Und nun fügen Sie die gesammelten Informationen aus tatsächlichen Gesprächen mit Bürgern hinzu.  Ja, wir müssen immer noch gelegentlich mit Menschen sprechen …

Unternehmensweit und darüber hinaus

Seien wir mal ehrlich, jede Behörde hat Legacy-Systeme und -Prozesse, die nicht so bald verschwinden werden. Es gibt Informationssilos und es kann sehr gute Gründe dafür geben, warum das so ist. Wir müssen diese Silos nicht immer entfernen, sondern nur auf die darin enthaltenen Daten zugreifen können. Dies gilt für die Behörde und ihre wichtigsten Akteure. Die Plattform muss die richtigen Informationen überall und jederzeit abrufen und im Dienste der Bürger im richtigen Format zur Verfügung stellen können.

Omni-Channel-Auslieferung

Es herrscht Einigkeit darüber, dass die Bürger unterschiedliche Kanäle nutzen werden, um sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Sie erwarten, dass sie eine Transaktion auf einer Plattform starten und auf einer anderen beenden können. Oft höre ich Leute davon reden, am PC oder Tablet zu beginnen und auf dem Handy zu enden. Aber Omni-Channel bedeutet tatsächlich Omni-Channel: E-Mail, Fax, Telefon und Papier sind nach wie vor wichtige Kommunikationswege zwischen Behörden und Bürgern und sie müssen in die Plattform integriert werden.

Das Kundenerlebnis im Mittelpunkt

Ist das nicht naheliegend? Wie wir gesehen haben, ging es bei der Personalisierung schon sehr früh darum, ein individuelles Frontend auf traditionelle Servicemodelle zu übertragen. Die Plattform muss jedoch den Übergang zum bürgernahen Engagement ermöglichen, indem sie über die Entwicklung und Bereitstellung von Diensten informiert. Das bedeutet, Eingaben von Bürgern zu akzeptieren, die Korrespondenz während des gesamten Lebenszyklus des Dienstes zu personalisieren und die Kommunikation mit den einzelnen Bürgern schnell und automatisch zielgerichteter gestalten zu können. Und dies über den jeweils bevorzugten Kanal, also echte Omni-Channel-Kommunikation.

Datenschutz und Privatsphäre

Die Sicherheit und der Schutz personenbezogener Daten stehen an erster Stelle. Sie müssen gewährleisten, dass die Daten bei Transport und Speicherung sicher sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Behörden einen ganzheitlichen Ansatz für die Datensicherheit verfolgen, der Schutz, Erkennung, Wiederherstellung und Entfernung einschließt. Es ist wichtig, dass die Behörden die personenbezogenen Daten der Bürger so lange sicher aufbewahren, wie es für die Bereitstellung oder Verbesserung von Diensten erforderlich ist, und dass sie effektive Aufbewahrungs- und Löschungsrichtlinien implementieren.

Integriertes Identitätsmanagement

Die Plattform soll eine vereinfachte und einheitliche Infrastruktur für die Vernetzung von Behörden und Stakeholdern bieten. Dies erfordert die digitale Identifizierung der Bürger über alle Behörden hinweg, damit sie nicht mehrere Logins für den Zugriff auf die Dienste benötigen. Darüber hinaus sollte das in der Plattform eingebettete Identitätsmanagement sowohl die Identität von Geräten als auch die von Personen umfassen, damit eine reibungslose Verbindung der Bürger mit den mobilen Mitarbeitern möglich ist.

Integration der Supply Chain

Wenn ein Käufer leicht sehen kann, wo sein Produkt gerade unterwegs ist, warum sollte dann der Bürger nicht sehen können, wann ein beauftragter Handwerker unterwegs ist, um eine Reparatur durchzuführen? Der Prozess von der ersten Anfrage bis zur endgültigen Auftragserledigung sollte reibungslos ablaufen. Die Übergabe zwischen Behörde und Serviceteam bleibt dabei unsichtbar. Voraussetzung ist, dass dieselbe Plattform, die für das Kundenerlebnis entwickelt wurde, auch in der Lage sein sollte, die Lieferkette zu organisieren, um den versprochenen Servicegrad zu erreichen (z. B. Reparatur von Schlaglöchern, Gasleckagen, Schneeräumung).

Wir befinden uns noch in der Anfangsphase der Personalisierung und niemand hat alle Antworten auf die Frage, wie man die Bürgerbeteiligung befeuern kann. Wenn wir über den internen Nutzen hinausschauen, der sich aus einer besseren Rationalisierung und Zielausrichtung der Dienstleistungen ergibt, sprechen wir eigentlich von einem echten Demokratisierungsprozess.

Wir geben den Menschen die Möglichkeit, viel mehr Mitspracherecht bei denjenigen Dingen zu haben, die sie betreffen. Wenn wir über Personalisierung und bürgerorientierte Regierungsführung sprechen, dann reden wir über alle Bürger. Und dann müssen wir eine digitale Regierung aufbauen, die dies berücksichtigt.

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.

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