Das Bankwesen erwartet einen schmerzhaften Wandel, der aber auch neue Chancen bietet
Die digitale Transformation und damit auch die Digitalisierung unseres Geldes schreiten unaufhaltsam voran. Das betrifft nicht nur die Transaktionen großer Unternehmen. Auch in vielen Bereichen des täglichen Lebens sind Finanzgeschäfte bereits digital: Onlineshopping über Bezahldienste, Fahrkarten für Zug oder Bus auf dem Smartphone kaufen oder bezahlen an der Supermarktkasse via App. Laut einem Positionspapier des deutschen Bankenverbandes sollen Verbraucher in wenigen Jahren ausschließlich digital bezahlen. Ohne Kreditkarte, ohne EC-Karte, ohne Bargeld.
Wie tiefgreifend und nachhaltig diese Veränderung ist, ist den deutschen Banken ebenso bewusst wie die Tatsache, dass hier noch Aufholbedarf besteht. In der Benchmarkstudie „Digitale Transformation von Banken 2016/2017“ gaben fast 60 Prozent der Befragten an, die Digitalisierung wäre eines der drei wichtigsten Themen des Unternehmens. Die tatsächlichen Fortschritte werden jedoch trotz steigender Budgets als gering bis mäßig betrachtet.
Als Gastautor auf unserem Blog begrüßen wir Laurence Leyden, General Manager für Finanzdienstleistungen SAP EMEA, der diesen Beitrag verfasst hat.
„Dir weh zu tun, steht zwar ganz unten auf meiner Liste, aber es steht darauf.“ Wenn der Bankensektor Memes für den aktuellen Zustand des Marktes hätte – dies wäre eines davon. Es wird sich vieles ändern. Manche Veränderungen werden schmerzhaft sein. Andere bringen neue Gewinner und Verlierer hervor. Aber alle führen zu einer tiefgreifenden Veränderung der Geschäftsmodelle.
Bargeld verschwindet, Einnahmequellen verlagern sich, mobile Anwendungen sind allgegenwärtig (auch in Ihrem Portemonnaie), Markenfürsprache ersetzt Marketingstrategie, Unstimmigkeiten im Multi-Channel – all das irritiert ungeduldige und zynische Kunden. Bankenunabhängige Kunden sind auf dem Vormarsch, Crowdfunding-Initiativen erzielten bereits acht Milliarden Dollar – und Google hat jetzt eine Bank-Lizenz.
Das sollte uns nicht überraschen. So gut wie jede andere Branche hat sich durch technische Innovation und maschinelle Intelligenz verändert – von der medizinischen Forschung über selbstfahrende Autos bin hin zur Musikindustrie. Nur die Banken arbeiten noch immer mit Produktlinien aus den 1960er Jahren. Die entstehende Kluft wird mit dem Auftauchen neuer Mitbewerber, die einen Bank-Service nach der anderen überflüssig machen, noch größer. Die ersten Opfer stehen bereits fest: Bankfilialen, die im digitalen Zeitalter von manchen als überflüssig empfunden werden, disruptive, billigere Bezahldienste und innovative Möglichkeiten zur Fremdfinanzierung durch Dritte.
Der Banksektor steht vor großen Verwerfungen
Natürlich spielt Technologie dabei eine große Rolle. Banken haben jetzt die Chance, sich neu zu definieren und neu zu erfinden. Zuerst müssen wir jedoch begreifen, dass wir gerade das Ende des Bankwesens, wie wir es kennen, miterleben. Über den genauen Zeitpunkt herrscht noch Uneinigkeit. Das Aussterben der Banken wird schon seit einiger Zeit vorhergesagt. Typischerweise dauert es aber rund drei Mal so lange wie angenommen, bis etwas ganz verschwunden ist. Das heißt, in den nächsten zehn bis 15 Jahren wird sich Ihre Bank gewaltig verändern. Wissen Sie, wie diese Veränderung aussieht, und wie Sie sie erreichen?
Beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Keine Bank überlebt die nächsten Jahre, ohne sich von manuellen Prozessen und einem ineffizienten Backoffice zu lösen. Und da wir gerade über Ineffizienz sprechen: Wieso sollten Sie weiterhin althergebrachte Produktionsmethoden verwenden und Codes schreiben, wenn Sie diese einfach zusammenstellen können? Warum sollten Sie auf Online-Systeme, die mit den Kunden in Echtzeit interagieren, verzichten und dafür einen menschlichen Berater hinter eine Glaswand zu setzen, der Ihren Kunden sagt, was möglich ist und was nicht?
Gehen Sie neue Wege – es lohnt sich
Eines der besten mir bekannten Beispiele für echte Innovation stammt aus der Versicherungsbranche. Discovery of South Africa verkündete vor kurzem eine Kooperation mit Apple (Englisch) für ihr neues „Vitality Active Rewards“-Programm. Die Teilnehmer erhielten eine neue Apple Watch. Wenn sie im Zeitraum von 24 Monaten alle wöchentlichen Fitnessziele erreichten, bekamen sie die Uhr geschenkt. Auf die Teilnehmer des Programms warteten noch weitere Belohnungen für das Erreichen ihrer Fitnessziele, angefangen von einem Gratisdrink über kostenlose Inlandsflüge bis hin zur nachträglichen Übernahme der Mitgliedsgebühren im Fitnesscenter.
Sollte ein Teilnehmer eines oder alle Ziele in einem beliebigen Monat verpassen, musste er/sie, abhängig von der Zahl der verpassten Ziele, einen Anteil der Kosten für die Uhr in Form einer monatlichen Strafgebühr bezahlen. Ein kluger Schachzug. Discovery kann auf diese Weise auch ermitteln, welche der Teilnehmer am aktivsten sind – und möglicherweise ein niedrigeres Krankheitsrisiko haben – und zudem eine Menge Erkenntnisse über das Konsumentenverhalten sammeln.
Digitale Informationen eröffnen Banken enorme Chancen – wenn sie sie nutzen
Fest steht: Daten eröffnen überall Möglichkeiten. Auch wenn Ihre Situation nicht stabil ist und die neuen Marktteilnehmer ihre Agilität gegen Sie einsetzen – Sie können sich wehren. Identifizieren Sie Wertschöpfungsfelder, indem Sie tief in die Wertschöpfungskette der Kundenanforderungen eintauchen, und bieten Sie Verbrauchern eine einfach zu nutzende und schlüssige digitale Erfahrung.
Auf traditionelle Art wird das nicht funktionieren. Das Ausmaß des Umbruchs und die Veränderungen im Kundenverhalten sind so groß wie nie. Das digitale Zeitalter hat die Finanzinstitute dazu gezwungen, zu überdenken, wie Customer Experience funktioniert. Es wird höchste Zeit für ein neues Konzept. Bauen Sie Ihre Bank um, und entwickeln Sie eine moderne, technisch versierte und nützliche Alternative zum Status-Quo veralteter Nutzererfahrungen. In beinahe allen anderen Branchen hat diese Transformation bereits stattgefunden. Das mag Ihnen nicht gefallen, vielleicht lehnen Sie es sogar ab. Aber wenn die Vergangenheit eines gezeigt hat, dann, dass Sie keine Wahl haben.
Als General Manager für Finanzdienstleistungen in EMEA bei SAP verantwortet Laurence Leyden den Gesamtbereich Banken- und Versicherungswesen sowie Kapitalmärkte. Er ist seit 15 Jahren für SAP tätig. Zuvor leitete er das Global Transformation Team, den globalen Pre-Sales-Bereich und die EMEA-Teams für Value Engineering und das Kernbankgeschäft.
Als Spezialist für die wahren Bedürfnisse von Kunden konzentriert sich Leyden darauf, diese zu verstehen und zu ermitteln, wie SAP und seine Partner den Transformationsprozess von Organisationen unterstützen können. Dabei befasst er sich zunehmend auch mit der Überprüfung von Geschäftsmodellen und deren Anpassung an die Vorteile echter Digitalisierung. Sein ganzes Engagement gilt den Herausforderungen, mit denen das Bankwesen konfrontiert ist, und der SAP-Sicht auf die innovative Bank der Zukunft. Seine Expertise ist gefragt: Er wird regelmäßig in Finanzmagazinen zitiert und vertritt SAP als Referent auf renommierten Branchentreffen und Veranstaltungen wie in Analystenkreisen.
Dieser Blog Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.