Die 5 wichtigsten Erkenntnisse über digitale Supply Chains in der Zeit nach der Pandemie

Was unsere Supply Chain-Experten auf dem Reuters Supply Chain Europe 2023 Event erfahren haben

Supply Chains sind ein wichtiger Motor der Weltwirtschaft und haben einen großen Einfluss auf unser tägliches Leben als Verbraucher. Gleichzeitig sind sie ein Geschäftsbereich voller faszinierender Kontraste und Innovationen.

Einerseits haben sich die grundlegenden Probleme, mit denen die Supply Chain-Experten zu kämpfen haben, im Laufe der Zeit kaum verändert. In diesem Beruf geht es nach wie vor darum, die Gleichung Planen – Beschaffen – Herstellen – Liefern zu managen und zu optimieren, um das Unternehmen mit gesunden Gewinnspannen am Laufen zu halten. Andererseits haben sich die Details, wie diese grundlegenden Aufgaben ausgeführt werden und wie die Zukunft aussieht, in den letzten Jahren stark verändert.

Die Digitalisierung der Supply Chain ist ein zentrales Thema für OpenText. Wir hatten unlängst die Gelegenheit, die Veranstaltung „Reuters Supply Chain Europe 2023“ zu sponsern und mit einigen der profiliertesten europäischen Führungskräfte im Bereich Supply Chain aus unterschiedlichen Branchen ins Gespräch zu kommen. Die Erkenntnisse aus verschiedenen Präsentationen, Podiumsdiskussionen und Einzelgesprächen zeichnen ein interessantes Bild davon, wie sich die Supply Chains verändert haben und welche Herausforderungen sich am Horizont abzeichnen.

Hier sind fünf wichtige Erkenntnisse, die Sie 2024 für Ihre digitale Supply Chain in Betracht ziehen sollten.

1. Die Allgegenwärtigkeit digitaler Supply Chains

Digitale Vertriebskanäle sind nichts Neues. Ihre zunehmende Verbreitung zwingt jedoch auch traditionellere Unternehmen dazu, ihren Schwerpunkt zu verlagern und in neue Ressourcen zu investieren. So sehen beispielsweise Konsumgüterunternehmen, die seit langem im B2B-Geschäft tätig sind, erhebliche Wachstumschancen im Direktvertrieb an den Verbraucher. Sie müssen sich daher mit neuartigen Herausforderungen und einem veränderten Wettbewerb auseinandersetzen.

Dabei spielt die Technologie natürlich eine Schlüsselrolle. Ein Vertreter eines rein digitalen Textilunternehmens fasste seine Supply Chain-Technologie treffend zusammen, indem er Unternehmen ermutigte, „in Paketen und nicht nur in Lösungen zu denken“. Der Punkt ist, dass optimale Lösungen wahrscheinlich aus mehreren Komponenten bestehen werden. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei der Verknüpfung dieser Komponenten werden für den Erfolg ausschlaggebend sein.

Während viele etablierte Unternehmen sich von alten Supply Chain-Technologien verabschieden müssen, haben neue Marktteilnehmer dieses Problem nicht und können schnell die besten Technologie-Stacks einsetzen, um ihre Supply Chains aufzubauen und zu digitalisieren. Wir können die Auswirkungen dieser Flexibilität bei der Einführung von Technologien beispielsweise daran erkennen, wie viele asiatische Unternehmen ihre weltweite Präsenz und ihren Marktanteil in den letzten Jahren schnell ausgebaut haben.

2. Das große Umdenken bei der Planung von Supply Chain Networks: Kosten vs. Resilienz

Die Strukturierung weltweiter Supply Chains ist in letzter Zeit aus verschiedenen Gründen Gegenstand eingehender Überlegungen. Die Optimierung der Resilienz der Lieferkette, die Verringerung der CO2-Emissionen und der Schutz vor geopolitischen Risiken haben die Diskussion über die Verkürzung der Transportwege durch Nearshoring und die Diversifizierung der Lieferantenbasis durch Multi-Sourcing vorangetrieben.

Allerdings gibt es ein großes Hindernis, das diese Entwicklungen für viele Unternehmen behindert: Es ist das Budget. Zu Beginn der Pandemie gab es Bemühungen, die Versorgungssicherheit um fast jeden Preis zu erhöhen. Jetzt, da die Versandpreise und Lieferzeiten wieder berechenbarer geworden sind und sowohl die Inflation als auch die Zinsen in die Höhe geschnellt sind, betrachten viele Unternehmen die Kostenoptimierung wieder als primären Treiber für ihre Beschaffungsstrategie.

Es gibt keinen eindeutigen Trend für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Resilienz und Kosten, da dies letztlich von den individuellen Umständen und der Risikobereitschaft jedes Unternehmens abhängt. Einige Unternehmen bemühen sich aktiv um eine Verkürzung und Diversifizierung ihrer Supply Chains. Andere wiederum haben sich in den letzten Jahren angepasst und konsolidieren nun ihre Beschaffung, um von ihren Lieferanten die besten Angebote zu erhalten.

In einer Podiumsdiskussion verglich ein Supply Chain-Verantwortlicher die Resilienz der Lieferkette treffend mit dem Kauf einer Versicherung: Ein höherer Schutz hat seinen Preis.

3. Die Notwendigkeit einer praktikablen Transparenz der Supply Chain

Die Transparenz der Supply Chain ist eines der wichtigsten Diskussionsthemen unter den Entscheidungsträgern. Es besteht jedoch eine gewisse Unklarheit darüber, was genau unter Transparenz zu verstehen ist und was ein Unternehmen in diese Diskussion einbeziehen sollte.

Sollte die Transparenz im Zusammenhang mit einer bestimmten Funktion innerhalb der Supply Chain, z. B. der Logistik, diskutiert werden? Oder sollte sie funktionsübergreifend sein und von der Planung und Beschaffung bis zur Kundenbetreuung und dem Retourenmanagement reichen? Sollte sie die Abläufe einer einzelnen Geschäftseinheit oder Organisation abdecken? Oder sollte es sich stattdessen auf ein breiteres Ökosystem erstrecken, das Lieferanten, Kunden, Logistikanbieter und andere Parteien einschließt? Was ist machbar, und wie weitgehend sollten die Zielsetzungen sein?

Ein Vortrag befasste sich mit der Frage, wie man bessere Erkenntnisse über Störungen in der Logistik gewinnen kann, z. B. über extreme Wetterphänomene und Hafenüberlastungen. Ein Zuhörer brachte das grundlegende Problem gut auf den Punkt, indem er höflich fragte: „Na und? Das ist ja ganz nett, aber wie soll ich diese Informationen nutzen?“

Dies verdeutlicht einen wichtigen Trend im Bereich der Transparenz der Supply Chain. Führungskräfte konzentrieren sich zunehmend darauf, zu verstehen, wie Unternehmen Transparenz in entsprechende Maßnahmen umsetzen können.

4. Die entscheidende Rolle staatlicher Vorschriften, die sich auf Supply Chains auswirken

Ein weiteres heißes Thema für Unternehmensleiter ist derzeit das Risikomanagement in der Supply Chain. Die Vorbereitung auf Risiken erfordert jedoch Arbeit und ist, wie bereits erwähnt, mit Kosten verbunden.

So haben wir beispielsweise beobachtet, dass einige Unternehmen, die stark von der chinesischen Produktion abhängig sind, ihre Beschaffungsstrategie diversifizieren. Sie suchen nach neuen Lieferanten in anderen Ländern – vor allem in anderen asiatischen Ländern -, um die Kosten zu senken. Ein geringeres Auftragsvolumen pro Lieferant erhöht für gewöhnlich die Stückkosten. Das größere Problem besteht jedoch darin, dass die Zulieferer der unteren Ebene möglicherweise weitgehend dieselben bleiben. Die Abhängigkeit von in China hergestellten Komponenten und Rohstoffen wird trotz der Diversifizierung der Tier-1-Lieferantenbasis möglicherweise nicht wesentlich verringert.

Insgesamt scheint die derzeitige Marktdynamik lange und konzentrierte Lieferketten zu begünstigen. Leider haben einzelne Unternehmen nur begrenzte Möglichkeiten, die Dinge ohne erhebliche Kostenfolgen zu beeinflussen. Staatliche Maßnahmen und Vorschriften können jedoch den Ausschlag geben. Darüber hinaus werden handelspolitische Änderungen und Nachhaltigkeitsvorschriften – wie Scope-3-Emissionen und die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette – Unternehmen wahrscheinlich dazu zwingen, die mit ihren CO2-Emissionen und ethischen Geschäftspraktiken verbundenen Kosten ganzheitlich neu zu bewerten.

In einer weiteren Diskussionsrunde wurden Möglichkeiten zur Reduzierung von Logistikemissionen durch die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten von Spediteuren erörtert. Ein Podiumsteilnehmer kommentierte, dass Unternehmen, wenn sie alleine entscheiden, in zehn von zehn Fällen den Quartalsgewinnen Vorrang vor weniger greifbaren langfristigen Vorteilen einräumen würden. In Anbetracht dessen werden staatliche Vorschriften, die sich erheblich auf die Kostenstruktur der Supply Chain auswirken, wahrscheinlich der stärkste Treiber für Veränderungen sein.

5. Bewältigung des Fachkräftemangels in der Supply Chain

Obwohl Störungen, Ungewissheiten, sich verändernde Geschäftsmodelle und die technologische Entwicklung sicherlich an erster Stelle stehen, würden viele Supply Chain-Führungskräfte vermutlich argumentieren, dass ihre größte Herausforderung das Thema Fachkräftemangel ist. 

Diese „Nachwuchskrise“, wie sie ein Diskussionsteilnehmer nannte, lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Die Gewinnung und Bindung von Fachkräften ist ein wesentlicher Bestandteil des Talentmanagements. Dies steht in engem Zusammenhang mit der Verfügbarkeit der richtigen Qualifikationen auf dem Markt, den sich wandelnden Erwartungen an verschiedene Rollen und der Bereitstellung der richtigen Technologien für die Mitarbeiter.

Viele Führungskräfte wiesen darauf hin, wie wichtig es ist, die Mitarbeiter im gesamten Unternehmen zu motivieren, da die Pandemie das Committment der Mitarbeiter für ihre Arbeit stark beeinträchtigt hat. Ein weiterer wichtiger Trend ist die Diversifizierung der Qualifikationsprofile, nach denen die Unternehmen suchen. Viele große Unternehmen haben verschiedene Arten von Jobrotation und Einstellungsprogrammen eingeführt. Dabei wird der Denkweise Vorrang vor den Fähigkeiten eingeräumt, um Innovation und die Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Anforderungen zu fördern.

Neben dem Aufbau von Flexibilität spielt auch die Technologie eine immer wichtigere Rolle – im Guten wie im Schlechten. Auf der einen Seite sind die meisten Menschen überfordert mit der Datenmenge, die sie täglich verarbeiten, und mit den verschiedenen Technologien, die sie jetzt beherrschen müssen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Andererseits bergen fortschrittliche Technologien wie KI ein großes Potenzial, den Menschen bei der Bewältigung der Informationsflut zu helfen und so die Arbeitszufriedenheit und Produktivität zu steigern.

Digitale Supply Chains: “Where we’re going, we don’t need roads”

Nach der weltweiten Pandemie gab es viele Diskussionen über die Rückkehr zur Normalität. Obwohl einige Signale, wie die Wiederaufnahme der Kostenoptimierung als wichtigste Priorität für viele Unternehmen, wie eine Rückkehr zur Normalität aussehen mögen, sollten Sie sich nicht täuschen lassen. Angesichts sich verändernder Geschäftsmodelle, allgegenwärtiger Technologien, neuer Vorschriften und einer veränderten Arbeitsweise werden die Supply Chains von morgen unter ganz anderen Parametern funktionieren als bisher.

Der Schriftsteller L.P. Hartley beginnt eines seiner Bücher mit der Aussage: „Die Vergangenheit ist ein fremdes Land: Dort macht man die Dinge anders.“ Dieser Satz trifft auf Supply Chains zu, und eine Rückkehr in die Vergangenheit erscheint wie eine verschlossene Tür.

Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie mit OpenText die vielen Chancen der Supply Chain-Digitalisierung ergreifen können. Kontaktieren Sie einen OpenText-Experten und lassen Sie sich ausführlich beraten.

Ville Parkkinen

Ville Parkkinen ist Director of Product Marketing for Business Network bei OpenText. Er arbeitet eng mit den OpenText-Teams für Produktmanagement, Engineering, Solution Consulting und Vertrieb zusammen. Seine Aufgabe ist es, komplexe technische Konzepte in einen greifbaren Geschäftswert für den Kunden zu übersetzen. Zu den Lösungsbereichen, auf die sich Ville konzentriert, gehören die Digitalisierung und Automatisierung von Supply Chain-Prozessen einschließlich Order-to-Cash und Procure-to-Pay, elektronische Rechnungslösungen, B2B/EDI-Integration, Datentransparenz und -analyse sowie Managed Integration Services.

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